Den optimistischen Umgang mit dem Unvorhersehbaren wagen
-
Insgesamt
Die Zukunft ist, in Horx Augen zumindest, was den Menschen angeht, viel zu oft eine „vorweggenommene Erinnerung“, sprich, in den Prognosen des Menschen auf die Zukunft hin schwingen vielfach zunächst „Erinnerungen“ mit, aus welchen sich die Sicht auf die Zukunft stark bestimmt ableiten.
Zudem verdeutlich Horx, wie sehr Menschen für „Kaninchen -Weltbilder“, sprich katastrophale Prophezeiungen, angstschürende Prognosen, tatsächlich nicht nur empfänglich sind, sondern diese anscheinend auch noch optimistischen Haltungen gegenüber vorziehen. Eine Zukunftshaltung, die sich vor allem eben aus Ängsten speist. Teils massiv apokalyptische Prognosen, die vor allem eines in Horx Augen eint, nämlich dass sie bis dato nicht in vorhergesagter Form eingetreten sind.
Was Horx an mannigfaltigen Beispielen darlegt und, im Stil, in sehr flüssiger und lockerer Sprache angenehm lesbar formuliert.
„In weniger als 20 Jahren wird die globale Anzahl der Geburten geringer sein als die der Todesfälle“. So sagt es Matthias Horx z.B. voraus und zielt, was diesen Inhalt angeht, stark gegen die allseits sich verschärften Ängste von „Platzmangel“ und „Überbevölkerung“.
Er tut dies, wie auch bei den vielfachen anderen Themen im Buch nicht „irgendwie aus dem Bauch heraus“, sondern erläutert dem Leser durchaus wissenschaftlich fundiert die Relevanz seiner Argumente (in Bezug auf die „Knappheit“ rekurriert Horx auf die fehlende Kohärenz des linearen Ehrlich-Modells zum stetigen Wachstum der Weltbevölkerung).
Die „Bevölkerungsexplosion“ ist nach Horx ein „falscher Mythos“ (einer von vielen). Wie im Übrigen er in diesem Buch in vielfacher Hinsicht sich vermeintlicher „sicherer Prognosen“ zur Zukunft annimmt und vielfach widerlegt, was dem „gesunden Menschenverstand“ aktuell fast als zweifelsfrei gilt.
Die Zukunft ist kaum wirklich mit fundierten Prognosen zu fassen oder zu zwingen, dass ist eine der Erkenntnisse, Horxs, die er im Buch vor Augen führt. Was auch damit zu tun hat, dass die Welt sich immer wieder, auch im direkt biologischen Sinne, neu erfindet.
Wer hätte gedacht, dass die Zone um Tschernobyl herum nachweislich „heute die artenreichste Naturzone Europas“ ist. Ebenso, wie in einem bitterarmen Land wie Kuba auch Errungenschaften zu finden sind, auch ein hoher Optimismus, neben den alltäglichen Problematiken.
Anhand vieler, immer griffiger Beispiele zeigt Horx so zunächst ein um das andere Mal auf, dass die Zukunft eben vor allem eines ist: ein offenes Land, das sich feststellenden und kontrollierenden Prognosen sehr viel weiter entzieht, als man es generell meint.
Was nun für Horx allerdings kein bedrohliches Potential in sich, sondern im Gegenteil führt er dem Leser Seite um Seite jene Kräfte vor Augen, die bis dato immer wieder, auch in größten Krisen, für das Überleben der Menschheit gesorgt haben. Kräfte wie „Autokatalyse und Selbstorganisation“, die Horx allgemein als viel zu unterschätze Kräfte betrachtet.
Im Kern somit wendet sich Horx der Frage der Angst vor der Zukunft zu, entkräftet eine ganze Reihe von „angstvollen Befürchtungen“ nicht nur konkret, sondern auch durch seinen prinzipiell offen gestalteten Blick auf die Zukunft.
Angst aber entsteht „im“ Menschen, so geht es in erster Linie im Buch um „die Angst in uns“. Sich von dieser nicht zu schnell den Blick trüben zu lassen, sich diesen oft auch „magischen“ und irrationalen Ängsten mit dem Verstand zu stellen und damit die Chance zu ergreifen, die eigene und allgemeine Zukunft als „Ort der Möglichkeiten“ zu begreifen.
Auch wenn Horx manches Mal doch im Vagen verbleibt und zu viele durchaus ernstzunehmende Prognosen über den einen Kamm des „Kaninchenblickes“ schert, das Buch bildet in seinem lebendigem Stil und den vielen griffigen Beispielen durchaus eine empfehlenswerte Lektüre gegen eine verzerrte Sicht auf nur vermeintliche Gewissheiten.