Woher kommt die Liebe

Zur Entwicklungspsychologie der Emotionen
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Woher kommt die Liebe

Zunächst ist festzuhalten, dass der Titel sicherlich eines der zentralen Themen menschlichen Seins anspricht und sicherlich „ins Auge fällt“ (wer hat nicht mit der Liebe in allen Facetten zu tun im Lauf seines Lebens?), dabei aber eine starke Verkürzung des Buchinhaltes in sich trägt. Ja, es geht auch um Liebe und Verliebtsein, dies steht im buch allerdings in einem wesentlich größeren Zusammenhang. Denn letztlich wendet sich der Wissenschaftsjournalist Simon, im Übrigen gut lesbar und durchaus fundiert, dem gesamten Spektrum der Emotionen zu, macht „das Emotionale“ grundlegend zum Thema des Buches. Hier wäre ein allgemeiner gehaltener Titel sicherlich eher passend gewesen.

„Sie (Gefühle) sind häufig eigentümlich diffus, manchmal ahnen wir nicht einmal, weshalb sie uns gerade in diesem Moment überwältigen; unter ihrer Ambivalenz können wir maßlos leiden“.

Grunderfahrungen der „Unkontrollierbarkeit“ greift Simon zunächst auf und legt dar, wie wenig wir unsere Gefühle „im Griff“ haben, wie wechselhaft das Gefühlserleben auch in kurzen Zeitabständen sein kann. Gefühle „sind“, sie kommen und gehen und können nicht „gemacht“ werden, wie Thomas Gordon zu Zeiten schon treffend formulierte.

Entgegen nun der althergebrachten Überzeugungen, der Umgang mit Gefühlen läge vor allem darin, sie „zu zähmen“, zu „zügeln“ (Plato) sich vor allem „zu beherrschen“ (auch innerlich ), führt Simon in seiner Darstellung durchaus zu Recht die „Weisheit der Gefühle“ mit ins Feld. Gefühle mögen sich er Kontrolle unterziehen und den Menschen zwischen Glück und Trauer hin- und her werfen können, sind aber durchaus von tiefer Bedeutung für den Menschen (fast alle Entscheidungen und Lebenswege beruhen stark, zumindest stark mit auf Gefühlen) und tragen in sich durchaus wichtige Chancen der eigenen, inneren Orientierung . Wen man weiß, woher sie kommen und wie man am besten die Emotionen in das eigene Leben integriert (statt sich ihnen nur hilflos ausgeliefert zu „fühlen“).

„Vor allem, wenn die Entscheidungsgrundlagen unsicher ist …… verhelfen Gefühle (intuitiv) zu einer guten Wahl. Das gilt im Alltagsleben für viele Entscheidungen“.

„Intuitive Entscheidungen sind oft die besseren“, so gibt es Simon dem Leser mit auf den Weg und zeigt ebenso auf, wie aus einem „Gefühlsschwall“ eben ein intuitives Gespür entwickelt werden kann. Auf Gefühle kann nicht verzichtet werden (selbst, wenn man sie abstellen könnte).

Interessant bietet Simon hierzu gleich im ersten Kapitel den „evolutionären Blick“ und verweist auf die für den Menschen und sein Überleben hoch sinnvolle Entwicklung der Emotionen. Die allerdings im Lauf der Zeiten insofern anders zu verstehen und zu betrachten sind, als damalige Situationen nicht mehr im Raume stehen, Gefühle wie Angst, Ekel und Zorn aber dennoch in „uralter“ Weise sich Bahn brechen. Hier braucht es dann das Wissen, dass „innen“ etwas „automatisch“ auf einen Reiz reagiert, der im „wahren“ Leben heute dieses Gefühl nicht mehr unbedingt hervorrufen müsste.

So dekliniert Simon an den wichtigen Grundgefühlen von Angst, Einsamkeit, Ekel, Glück, Liebe, Neid, Rache, Trauer, Vertrauen und Zorn die wesentlichen Elemente und Entwicklungsgeschichten „hinter“ diesen starken Emotionen durch und verhilft dem Leser damit zu einem tiefern Verständnis der Emotionen an sich und des eigenen „inneren Funktionierens“.

Ein sehr lesenwertes Buch und eine wichtige Zuwendung zu den menschlichen Emotionen, die auch in der Gegenwart immer nicht wie vor zigtausenden von Jahren meist „einfach so“ ihre steuernde Kraft (nicht immer zum Besten) ausüben.

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