Farbenprächtiger Roman um Liebe und Selbstfindung
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Gesamtwertung
Sehr einprägsam, kulturell bunt und bildreich verfolgt Lucinda Riley in ihrem neuen Roman die Wege zweier Frauen, durch die Zeit getrennt und doch miteinander durch ein ähnliches Erleben innerlich verbunden.
Auf Astbury Hall, dem Familiensitz der Astburys, laufen die Fäden von Liebe und Selbstfindung zusammen.
Ein Kaleidoskop vor allem auch kultureller Verschiedenheiten, wie schon der Beginn des Buches im modernen Indien aufzeigt. Ein Land, in dem Tradition und Moderne nur schwer zusammenfinden, in dem einerseits Hochzeiten noch arrangiert werden und andererseits modernste Technik mit ein Grundpfeiler wirtschaftlichen Erfolges darstellen.
Eine Gegenwart, in der Anahita ihren einhundertsten Geburtstag feiert im Kreis der Großfamilie und doch Erinnerungen und Sehnsüchte noch in sich trägt aus einer andern, längst vergangenen Zeit. Eine Zeit, die sie in ihren Aufzeichnungen ihrem Lieblingsurenkel Ari Malik anvertraut, ganz Kind der modernen Zeit, erfolgreicher Geschäftsmann, der nur für seine Arbeit und das „große Geld“ zunächst lebt.
Irgendwann aber wird auch ihm deutlich werden, dass die eigentlich wichtigen Dinge des Lebens anderswo liegen, im Herzen, in der Liebe. Und er wird sich aufmachen, die Vergangenheit seiner Großmutter zu erkunden.
Als Kind einfacher Eltern in enger Freundschaft mit einer Prinzessin damals, 1911 verbunden. Eine Zeit der Maharadschas, der Zusammenkünfte, der Elefanten und prächtigen Zelte, der verschleierten Frauen und der englischen Kolonialherrschaft, eine Zeit, in der auch die Moderne bereits anklopft.
Anahita hat Glück. Ihre enge Freundschaft zur Prinzessin eröffnet ihr die weite Welt. Auf Kosten des Maharadschas begleitet sie ihre Freundin auf das Internat nach London, in eine andere, von Regeln, Zwängen, Oberflächlichkeit und gesellschaftlichen Konventionen geprägte Welt, in der Anahita ihren Weg sucht. Liebe finden und verlieren wird, ihren inneren Ahnungen lernt, zu vertrauen. Auf Astbury Hall.
In der Gegenwart wird dort ein Film produziert und Rebecca, die Hauptdarstellerin, deren eigentliche Herkunft im Funkeln liegt, wird dort ebenfalls mit der Frage nach ihrer Identität und sich selbst konfrontiert.
Wie kann es sein, dass sie in ihrer steil aufstrebenden Karriere immer weniger mit dem Trubel und ihrem prominenten Fast-Verlobten anzufangen weiß? Und wie stellt sie sich diesem attraktiven Inder, Ari Malik, gegenüber, der auf den Spuren seiner Urgroßmutter vor Ort ist?
Parallel und in verschiedenen Milieus angesiedelt erzählt Riley sehr flüssig und ruhig die Geschichte von Lieben und Selbstfindungen, von Tradition und Moderne, von einer längst vergangenen Zeit und der Gegenwart mit den doch gleichen inneren Fragen und Problemen.
Ist es auf der historischen Ebene des Romans eine indische Frau und ein westeuropäischer Mann, die an den Rahmungen der Zeit ein stückweit auch scheitern, ist es in der Gegenwart in umgekehrten Rollen eine westeuropäische Frau und ein indischer Mann, die ihren Weg vielleicht auch miteinander suchen werden und es dabei nicht einfach haben werden.
Auch wenn hier und da allzu breit und langsam erzählt wird, auch wenn der kulturell bunte Hintergrund Indiens nicht mehr für das große Staunen älterer Reise- und Liebesroman sorgt, souverän erzählt und in sich mit vertiefter Selbstfindung und sich stetig entwickelten Beziehungen der Protagonisten untereinander versehen, lenkt Riley den Blick des Lesers auf das, was zu allen Zeiten und in allen Kulturen Menschen in wichtiger Weise bewegt: Zueinander zu finden und den eigenen Weg auch gegen Widerstände zu gehen.