In ganz eigener Sprache
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Gesamtwertung
Detektivroman, Fantasyroman, leicht aufkeimende Liebesgeschichte, Jugendabenteuer, all das bietet Lemony Snicket in diesem Buch.
Einer, der von seinen Eltern auf den Bahnhof gebracht wird, mit unnachahmlich ironischer Sprache und knochentrockener Haltung das Diner schon angeekelt betrachtet, innerhalb weniger Minuten durch das Fenster des Waschraumes verschwindet (da hatte er, ohne Wissen der Leser natürlich, eine Klappleiter bereits deponiert) und zu S.Theodora Markson in den Wagen steigt („Roadster“, auf diese Bezeichnung besteht die attraktive Frau).
Die sich als seine Mentorin vorstellt, wohl eine Art Ausbildung zum Detektiv, wenn der Leer das richtig versteht. Wenn dann noch Lemony trocken in den Raum wirft „Das waren nicht meine Eltern“, dann ist die Spur gelegt für eine Geschichte voller Verwirrungen, dunkler Geheimnisse und den Versuch des 13jährigen, immer den Kopf oben zu halten, auch wenn er ständig die falschen Fragen stellt (und dennoch, trotz ständigen Hungers, dem Kern des „Falles“ wesentlich schneller und besser näher kommt, als Markson). Wie allerdings Snicket zu seiner „Praktikantenstelle kommt“, was jene „Agentur“ eigentlich ist, das wird im Übrigen nicht immer unbedingt klar bei der Lektüre.
Schnell aber begreift Lemony, dass seine Mentorin doch eher ein kleines Licht darstellt und sich nur an den vorgegeben Rahmen hält, egal, was alles gegen diese Version sprechen könnte.
Denn in jener Stadt „Schwarz aus dem Meer“, die ehemals durch ihre „Tintenbrunnen“ reich geworden war und nun im Niedergang sich befindet, gilt es nicht nur, den Diebstahl einer Statue aufzuklären (falls da ein Diebstahl überhaupt vorliegt), sondern auch mit äußerst eigenen und merkwürdigen Menschen zu Rande zu kommen (angefangen bei der vermeintlichen Besitzerin der Statue über das „Taxi-Duo“ hin zu jenem, Lemony sehr ansprechenden, Mädchen im Leuchtturm. Was nicht immer alles logisch wirkt, durchaus aber irgendwie eine innere Verbindung aufzeigen wird zum Ende hin.
Wobei an sich das Besondere dieser Art des „Kinderbuches“ ja weniger im Inhalt zu suchen ist, sondern vor allem eben jene Verworrenheit in knochentrockener, ironischer bis zynischer Sprache, begleitet von ständigen inneren Kommentaren der Hauptfigur ist.
Einerseits also ein Sujet, das eher im Kinderbuchbereich anzusiedeln ist („Tintenbrunnen“ die versiegen, der noch kindliche Held an der Schwelle zur Pubertät, die Vermeidung von blutigen oder zu beängstigenden Szenarien), andererseits eine „erwachsene“ Sprache, abhalftert, cool, eines Noir-Krimis durchaus würdig.
Insgesamt aber funktioniert diese Melange im Buch nicht durchgehend gut. Die Geschichte selbst ist für den erwachsenen Leser nicht sonderlich reizvoll, auch jugendliche Leser werden ihre Mühe haben, sich in all dem an fantasiereicher Ausgestaltung zurecht zu finden. Zum anderen sind die hohe Ironie und die „erwachsen-coolen“ Sprüche und Haltungen nicht unbedingt einer kind- oder frühjugendlichen Erlebniswelt entsprechend.
Für Liebhaber genau solchen Stils und verzwickter Verwicklungen in einem Fantasyszenario eher düsterer Verfallenheit sicher ein Gewinn, aber für den „Snicket-ungeübten“ Leser doch ein stückweit zu wirr.