Und in der Mitte ist der Fahrstuhl
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Gesamtwertung
Langsam, ruhig, jedes Wort abwägend und mit jedem Wort die Person, die Atmosphäre, die dargestellt Welt treffend, so fließt die Geschichte durch dieses Buch.
Eine Parabel, sicherlich. Wenn Sneijder im Buch sich mehr und mehr in die Fachliteratur über Aufzüge vergräbt (aus gutem Grund) und ebenso mehr und mehr in dieser technischen Errungenschaft ein Abbild des modernen menschlichen Lebens entdeckt. 0,9 qm sind es, die an Standfläche für Menschen berechnet sind und ebenso ist es wahr, dass bei hohen Gebäuden zunächst der Aufzug geplant wird und dann das Gebäude um diesen herum errichtet wird. Die Technik bestimmt den Menschen bis ins Kleinste hinein, so arbeitet es Dubois wunderbar erzählt heraus.
Sneijder hat einen Absturz überlebt. Ein Ereignis, dass der technischen Wahrscheinlichkeit nach nie hätte passieren dürfen. Ein Ereignis, dass alle folgenden Ereignisse in seinem Leben auslöst, aber, und das ist wichtig, nicht grundlegend seine innere Haltung verändert.
Eher ist es so, dass durch dieses Überleben eines makaberen Unfalls mit seinen grausamen Begleiterscheinungen (welche der Leser im Buch selbst entdecken sollte), mehr und mehr sich der Kern seiner Person, der Status Quo seines Lebens, offen legt.
Das, was lange vor sich hin schwelte nun mehr und mehr in den Blick rückt. Soweit, dass er in seinem Leben von einer heftigen Allergie geplagt werden wird, als würde sein gesamter Körper die Umstände dieses, seines Lebens ablehnen. Auch wenn man dies vordergründig auf eine Hundeallergie schieben könnte, Sneijder weiß es besser.
Mit seiner zweiten Frau und seinen Zwillingen aus dieser zweiten Ehe, die für ihn nur „der Keller-Anteil seines Lebens“ sind. Nichts, mit dem er innerlich in Kontakt stehen würde, Frau und Kinder, die ihm völlig fremd erscheinen, als „Ratten“, die aber dennoch sein äußeres Leben deutlich mit bestimmen.
Auch in dieser Konstellation im Übrigen zeigt Dubois die Pole des Lebens.
Die „Technokraten“ und „Karrieristen“, die sorgsam geplant und völlig blutleer Schritt vor Schritt setzen und inmitten dieser der schwerblütige Sneijder. Der neue Welten entdeckt, in den „Augen der Welt“ große Schritte „nach unten“ freiwillig vollzieht, der sich nicht zu fein dafür ist, Hundekot zu entsorgen und der mit den Hunden und all dem drum herum eine ganz Welt feinfühliger Emotionen entdeckt, die mit den Menschen seines Lebens nicht im Ansatz zu finden sind.
Kalkül gegen Emotion, geschmierte und hochentwickelte Technik gegen den langsamen Gang durch den botanischen Garten. Das Lechzen nach Geld (eine hohe Entschädigung stände an) und der Unwillen, sich dem überhaupt noch auszusetzen (was weitreichende Folgen für Sneijder zum Ende des Buches hin noch haben wird).
Eine kühle Welt der Sprachbefehle und der Technik, die den Menschen seiner Einflussmöglichkeiten entkleidet. So wie die Tatsache, dass der Knopf zum Türöffnen in modernen Aufzügen ohne jede echte Funktion ist und allein psychologischen Überlegungen dient, dem Nutzer ein wenig das Gefühl zu lassen, eingreifen zu können.
„Du gehst mir auf die Nerven mit deinen „High-Potential“ Menschen und Alarmanlagen“.
Massiv bedrängt erlebt sich Sneijder durch die Seinen und die Welt, schleicht sich davon, betrauert seine erste Familie und zieht seine Bahn in immer größerer Abtrennung von dem, was für die Welt so immens von Bedeutung ist.
Sprachlich, in der Tiefe, in seiner Gleichnishaftigkeit und in der Ruhe und Differenziertheit der Personen ist dies eine beeindruckende und fesselnde Lektüre, die den Leser teils verstört, teils nachdenklich zurücklassen wird. Mit der Frage, ob das Leben überhaupt noch ins Leben passt (hier verbleibt Dubois nicht sonderlich optimistisch).